Beratung und Behandlungszeitpunkt

Eine erste kieferorthopädische Kontrolle sollte bereits mit dem 4.-5. Lebensjahr erfolgen, denn bestimmte Fehlentwicklungen lassen sich gerade jetzt gut bremsen und können in die richtige Richtung umgelenkt werden. Zum Beispiel sollten Kreuzbisse bzw. umgekehrte Überbisse mit einfachen Maßnahmen zur Entwicklungssteuerung behandelt werden. Ihr Zahnarzt wird Sie darauf hinweisen.

Der normale Behandlungsbeginn einer kieferorthopädischen Behandlung erfolgt in der Regel vor dem pubertären Wachstumsmaximum (bei Mädchen mit ca. 10 Jahren, bei Jungen mit ca. 12 Jahren).

Um das tatsächliche Ausmaß Ihrer Zahnfehlstellungen und den Umfang der erforderlichen Behandlungsmaßnahmen zu erkennen, müssen detaillierte Befunde von Kiefern, Kiefergelenken, Zähnen, Zahnhalteapparat, Muskeln, Lippen und Zunge erhoben werden.

Diagnose und Befund

Vor jeder medizinischen Behandlung steht die Diagnose. Dieser Grundsatz gilt natürlich auch für die Kieferorthopädie. Daher wird vor der eigentlichen Therapie zunächst eine Befunderhebung (Anamnese) durchgeführt, Das geschieht in der Regel mittels eines Patientengesprächs, bei dem wir einige für die Diagnose relevante Informationen erhalten. So ist der allgemeine Gesundheitszustand ein wichtiger Faktor. Nimmt der Patient Medikamente ein, gibt es bekannte allergische Reaktionen auf bestimmte Wirkstoffe oder ist die Patientin schwanger? All diese Fragen werden in der Anamnese erörtert und helfen im weiteren Verlauf die entsprechende Therapie zu entwickeln. Das Gespräch mit dem Patienten ist ein wichtiger Bestandteil der Diagnostik, denn neben den medizinischen Faktoren gewinnt auch das Lebensumfeld des Patienten immer mehr an Bedeutung bei der Erstellung eines effektiven Therapieplans.

Funktionsanalyse

Eine besonders wichtige Rolle spielt die sogenannte klinische Funktionsdiagnostik. Hierbei geht es unter anderem um die konkrete Situation im Mund des Patienten. Wie ist die Zunge positioniert, drückt sie eventuell auf die Zähne oder überlappt sie die Zahnränder? Verlaufen die Zahnreihen korrekt und vor allem, wie funktionstüchtig ist das Kiefergelenk? Eine konkrete Therapieplanung ist somit erst dann möglich, wenn zuvor eine Funktionsdiagnostik durchgeführt wurde. Dabei werden Zähne, Kiefergelenke sowie die Kaumuskulatur einer genauen Untersuchung und Analyse unterzogen.

Im Rahmen der Funktionsanalyse werden durch verschiedene Einzeluntersuchungen der Grad der Funktionsstörung, die jeweilige Fehlstellung des Kiefers beziehungsweise der Zähne als auch Stärke und Ursache eventuell aufgetretener Schmerzen ermittelt.

Röntgen: OPG / FRS

Für die Durchführung einer individuellen, kieferorthopädischen Behandlungsplanung  sind  in der Regel zwei Röntgenaufnahmen nötig:

Wenn Ihr Zahnarzt vor kurzem bereits Röntgenbilder angefertigt hat, bitten wir Sie uns darüber zu informieren, damit Doppelaufnahmen vermieden werden können. Evtl. gibt Ihnen ihr Zahnarzt auch bereits eine Kopie der Röntgenbilder zu Ihrem Termin in unserer Praxis mit.

In unserer kieferorthopädischen Praxis in Lünen werden die Aufnahmen mit einem hoch auflösenden digitalen Röntgengerät erstellt.

Wir röntgen dabei immer so viel wie nötig, aber auch so wenig wie möglich.

Fotoanalyse

Die Fotoanalyse ist wichtig, um die Auswirkungen der Fehlstellung auf das optische Erscheinungsbild zu beurteilen. Sie dient außerdem dazu, ästhetische Aspekte in die Therapieplanung einzubeziehen. Die Fotoanalyse wird vor Beginn und nach Abschluss der kieferorthopädischen Therapie durchgeführt. Fotos während der Behandlung dienen dazu, die Therapie zu überprüfen und den Behandlungsplan gegebenenfalls anzupassen.

Modellanalyse

Für die Analyse der Kiefer- und Zahnfehlstellung und die Planung der Behandlungsschritte werden Gipsmodelle angefertigt. Sie werden mehrmals im Verlauf der kieferorthopädischen Behandlung hergestellt.

Um ein diagnostisches Kiefermodell erstellen zu können, werden mit einer speziellen Abformmasse (Alginat) je eine Abformung des Ober- und Unterkiefers genommen. Die beiden Abformungen werden im zahntechnischen Labor mit superhartem Dentalgips ausgegossen.

Um die beiden Kiefermodelle in die richtige Lage zueinander bringen zu können, wird ein Abdruck des Zusammenbisses der Zähne genommen. Der Patient beißt dazu auf eine Wachsplatte, die zwischen die fertigen Hälften des Modells gelegt wird. Sie ermöglicht es, die beiden Hälften räumlich genauso anzuordnen, wie Ober- und Unterkiefer des Patienten zueinander stehen.

An dem Gipsmodell können Zähne und Kiefer dreidimensional vermessen werden. Das ist eine wichtige Ergänzung zu den zweidimensionalen Röntgenbildern. Gemessen wird beispielsweise die Länge und Breite der Kiefer, die Breite der Zähne und das Verhältnis von Zahngröße und Kiefergröße. Die Messungen werden in Zehntelmillimetern notiert. Zum Vergleich dienen Normwerte. Der Kieferorthopäde stellt außerdem anhand der Modelle fest wie die Zähne aufeinander beißen, ob einzelne Zähne gekippt sind, und ob genug Platz für alle bleibenden Zähne vorhanden ist.

Die Zahnspangen selbst werden anhand eines weiteren Gipsmodells hergestellt. Dazu sind spezielle Zahnabdrücke notwendig.

Behandlungsplanung

Nach Auswertung aller Unterlagen wird Ihnen der Behandlungsablauf, einschließlich sämtlicher Maßnahmen erklärt, die medizinisch sinnvoll sind. Wir legen zusammen mit Ihnen die einzelnen Behandlungsschritte fest, bestimmen den Behandlungsweg und die benötigten Behandlungsmethoden. Im Anschluss an dieses Planungsgespräch erstellen wir einen individuell auf ihr Kind abgestimmten Heil- und Kostenplan, der bei gesetzlich versicherten Patienten von der Krankenkasse genehmigt werden muss. Den Antrag hierzu lassen wir direkt der Krankenkasse zukommen. Sobald wir eine Kostenzusage bekommen, kann die kieferorthopädische Behandlung beginnen.

Bei der privaten Krankenversicherung besteht lediglich eine Informationspflicht des Patienten an seinen Versicherungsträger, indem er dieser den Plan vorlegt. Mit der Behandlung kann umgehend begonnen werden.

Ihr überweisender Zahnarzt wird von uns durch einen Arztbrief über die Art und den Umfang der Behandlung informiert. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zum Wohle des Patienten ist uns wichtig.

Behandlungsmethoden

Bei den kieferorthopädischen Behandlungsmethoden wird zwischen herausnehmbaren und festsitzenden Apparaturen unterschieden. Welche Behandlungsgeräte Anwendung finden, muss individuell entschieden werden und hängt von der vorliegenden [fusion_tooltip title=“Fehlentwicklung, die zu einer abnormen Form und Funktion des Kiefers führt“ class=““ id=““ placement=“top“ trigger=“hover“]Dysgnathie[/fusion_tooltip] ab. Häufig kombinieren wir auch diese beiden Behandlungsmethoden.

Die herausnehmbaren Zahnspangen sind Geräte, die es sowohl einzeln für nur einen Kiefer gibt, als auch zusammenhängende Geräte zur Beeinflussung des Kieferwachstums. Bei den festsitzenden Geräten werden Brackets (Halteplättchen) auf die Zähne geklebt und mit einem Behandlungsbogen, der die Zähne bewegt, verbunden. Diese Brackets können aus Metall oder aus zahnfarbenen Keramiken gefertigt sein.

Der Behandlungsverlauf

Beim nächsten anstehenden Termin werden die Vorbereitungen für eine herausnehmbare oder feste Zahnspange getroffen. Für die herausnehmbare Zahnspange sind neue Abformungen der Kiefer erforderlich. Für die feste Zahnspange werden ggf. Separiergummis vor und hinter die ersten Backenzähne gesetzt. Ein paar Tage später setzen wir die herausnehmbare Zahnspange ein oder kleben die feste Zahnspange auf die Zähne. Wir zeigen Ihnen, wie Sie die Apparatur pflegen und nutzen sollen und welche Dinge beim Tragen beachtet werden müssen.

Bei den regelmäßigen Behandlungsterminen kontrollieren wir alle 4-8 Wochen, wie sich die Zähne Schritt für Schritt in die vorgesehene Position bewegen und passen die Zahnspangen an.

Die Kontroll-Untersuchungen beim Hauszahnarzt sind während der kieferorthopädischen Behandlung sehr wichtig und sollen auch weiterhin regelmäßig stattfinden.

Nach ca. 1 bis 1,5 Jahren wird ein Zwischenfazit gezogen, um den weiteren individuellen Behandlungsablauf zu bestimmen. Wir fertigen erneut Abformungen der Kiefer, Röntgenbilder und Fotos an und werten diese aus. Gerne besprechen wir die Ergebnisse der Zwischendiagnostik mit Ihnen beim nächsten Termin. Es folgen weitere Termine, die Sie ja bereits kennen.

Und nun ist es endlich soweit. Die lose Spange braucht nicht mehr getragen zu werden, oder die feste Klammer wird entfernt. Damit es nicht zu einem Rückfall (Rezidiv) kommt, muss die verbesserte Zahn- und Kieferstellung für einige Zeit stabilisiert werden. Hierzu wird häufig ein feiner von außen unsichtbarer Draht hinter die Frontzähne geklebt, der über mehrere Jahre problemlos im Mund bleiben kann.

Nach einer ausreichenden Stabilisierungszeit endet die Gesamtbehandlung. Patienten der gesetzlichen Versicherung erhalten von uns bei erfolgreichem Behandlungsabschluss eine Abschlussbescheinigung. Diese reichen die Patienten zusammen mit allen von uns erhaltenen Rechnungen bei der Krankenkasse ein und bekommen dann ihren Eigenanteil zurückerstattet.